«Zeit in die Mitarbeiter zu investieren, lohnt sich»

08.11.2018

Arbeitgeber/Arbeitnehmer: Esther Studer kennt beide Seiten

Esther Studer: «Wir verlangen viel von unseren Mitarbeitern, geben ihnen aber auch viel. Damit sind wir über die Jahre gut gefahren.»
Esther Studer: «Wir verlangen viel von unseren Mitarbeitern, geben ihnen aber auch viel. Damit sind wir über die Jahre gut gefahren.»

Vertrauen, offene Türen und eine wertschätzende Unternehmenskultur, das sind für Esther Studer wichtige Grundlagen für ein gutes Arbeitsverhältnis. Sie ist Geschäftsführerin und Personalverantwortliche in einem Anwalts- und Notariatsbüro. Extern ist sie als Mediatorin und Coach unterwegs.

NFZ: Frau Studer, als Mediatorin und Personalverantwortliche haben Sie Erfahrung mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Was sind für Sie gute Rahmenbedingungen für ein gutes Arbeitsverhältnis?
Esther Studer: Grundsätzlich muss ein gutes Arbeitsverhältnis auf Vertrauen basieren. So braucht es weniger Kontrollen und Arbeitgeber wie Arbeitnehmer können ihre Anliegen offen einbringen.

Ihr Büro gibt es seit vielen Jahren. Haben Sie auch langjährige Mitarbeiter?
Ja, sehr langjährige. Beispielsweise haben wir eine Mitarbeiterin, die bereits 30 Jahre bei uns ist. Auch haben wir Angestellte, die über ihre Pensionierung hinaus weiterarbeiten. Das ergibt eine Win-Win-Situation. Wir verlangen viel von unseren Mitarbeitern, geben ihnen aber auch viel. Damit sind wir über die Jahre gut gefahren.

Was tun Sie, damit sich Ihr Personal bei Ihnen wohlfühlt?
Wir legen viel Wert auf ein gutes Arbeitsklima. Dafür sorgen wir unter anderem mit einer gemeinsamen Kaffeepause und standortübergreifenden Anlässen wie beispielsweise unserem «Teamtag», an welchem wir aktiv die Verbesserungsvorschläge unserer Mitarbeiter einholen. Zudem pflegen wir eine wertschätzende Unternehmenskultur mit offenen Türen. Dies führt dazu, dass man auf gleicher Augenhöhe miteinander kommuniziert und versucht, gemeinsam innerhalb der bestehenden Rahmenbedingungen Lösungen zu finden. Ebenfalls pflegen wir flache Hierarchien und direkte Kommunikationswege. Bei uns gilt, dass jeder unabhängig von seiner Funktion ein wichtiges «Rädchen» im Getriebe ist und damit einen wertvollen Beitrag zum Gesamten beisteuert.

Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Auch werden gute Mitarbeiter gerne abgeworben. Was macht ihr Büro, damit es für Mitarbeiter attraktiv bleibt?
Einerseits setzen wir auf das gute Arbeitsklima, flexible Arbeitszeiten und das Teilen von Verantwortung, das heisst wir geben unseren Mitarbeitern Handlungsspielraum.
Andererseits versuchen wir mit sogenannten «Goodies» Mehrwert zu schaffen wie beispielsweise kostenlose Parkplätze oder ÖV-Vergünstigungen. Bei uns kann jeder Mitarbeiter pro Jahr auch einen «Gesundheitstag» beziehen. Ob er dann etwas für die psychische Gesundheit macht, liest, Sport treibt oder etwas anderes, ist ihm beziehungsweise ihr überlassen. Wir setzen damit ein Zeichen, dass uns die Gesundheit der Mitarbeiter wichtig ist. Wichtiger als die «Goodies» finde ich allerdings das Grundgerüst, das stimmen muss. Alleine mit «Goodies» kann man das Zwischenmenschliche nicht wettmachen.

Apropos Gesundheitstag. Immer mehr Menschen fühlen sich gestresst, überlastet und geraten in ein Burnout. Wie handhaben Sie es in Ihrem Büro mit der Überzeit?
Wir schauen das regelmässig an. Es gibt strenge Phasen und weniger strenge. Die Überzeit soll kompensiert oder ausbezahlt werden. Bei den Anwälten und Notaren besteht eine «Vertrauensarbeitszeit», die anderen führen eine Excel-Liste, die sie Ende Monat abgeben. Auch das basiert auf Vertrauen, wobei dies nicht mit einer Laissez-faire-Kultur gleichzusetzen ist. Wenn uns etwas in der Zeiterfassung nicht plausibel erscheint, dann sprechen wir es an. Im Gespräch zeigt sich dann, was für Massnahmen es braucht. Eventuell müssen auch Arbeiten umverteilt oder Stellenprozente aufgestockt werden.

Wie wichtig ist ein regelmässiges Mitarbeitergespräch und in welchen Abständen soll man dies führen?
Wir führen ein Mal im Jahr ein «Perspektiven- Gespräch» durch, bei welchem wir auch das Thema Weiterbildung thematisieren. Ansonsten führen wir Gespräche, wenn von Seiten Arbeitgeber oder Arbeitnehmer Bedarf besteht, ganz im Sinne unseres Grundsatzes der offenen Türen.

Oft heisst es gegen aussen: Die Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital. Ist dies mehr Schein als Sein?
(Lacht). Das ist eine gute Frage. Ich glaube, dass das Bewusstsein der Arbeitgeber dafür in den letzten Jahren gestiegen ist. Allerdings hapert es noch ab und zu bei der Umsetzung.
Betrachtet man Mitarbeitende als wichtigstes Kapital, setzt dies Interesse am Menschen voraus sowie die Zeit sich mit ihren Anliegen und auch Führungsthemen auseinanderzusetzen. In meiner Tätigkeit als Mediatorin sehe ich immer wieder, dass dies zu kurz kommt, obwohl es sich langfristig lohnen würde.

In einigen Betrieben kommt es auch immer wieder zu Konflikten unter den Mitarbeitern. Was läuft hier falsch?
Oft stelle ich fest, dass das Gespräch miteinander zu spät gesucht wird. So können aus Reibereien oder Problemen Konflikte entstehen. Von meinen Erfahrungen von unterwegs, als Coach und Mediatorin weiss ich auch, dass es nicht viel braucht, bis jemand etwas in den falschen Hals bekommt und so Missverständnisse entstehen.
Um Konflikten vorzubeugen, lohnt es sich interne Regeln aufzustellen. Wir haben beispielsweise in unserem Personalreglement definiert, wie bei Streitigkeiten vorzugehen und der Vorgesetzte zu involvieren ist. Damit wollen wir auch vermeiden, dass es zu einem «Hinten-durch-Rätschen» kommt. Auch sollten bei Konflikten die anderen Arbeitskollegen nicht einfach wegschauen. Sie sollen «eingreifen », die «Streithähne» auffordern, ihren Streit zu lösen und wenn dies nicht erfolgt, klar stellen, wenn sie deswegen zu deren Vorgesetzten gehen.
Es gibt aber auch Konflikte, die sich nicht lösen lassen, weil die Basis nicht stimmt. Dann ist es besser, wenn sich die Wege trennen.

Können Sie durch unschöne Beispiele aus dem Anwaltsalltag auch Lehren für den eigenen Betrieb ziehen?
Unser Büro ist nicht auf Arbeitsrecht spezialisiert. Lese ich aber Urteile aus dem Arbeitsrecht, so scheint es mir meist, dass es sich lohnen würde, Zeit zu investieren, einvernehmliche Lösungen im Vorfeld zu suchen, anstatt nachher Zeit und Nerven in Prozesse investieren zu müssen.

Geschäftsführerin und Mediatorin

Esther Studer ist seit 2015 Geschäftsführerin von Studer Anwälte und Notare. Sie hat ein Lizentiat in Gesellschaftswissenschaften (Kommunikation, Geschichte, Ethnologie) sowie eine Ausbildung zur Mediatorin und CAS in Konfliktmanagement und Betrieblichem Gesundheitsmanagement. 2016 gründete sie die Studer Beratung und Konfliktlösung GmbH. Esther Studer ist im Vorstand von Gewerbe Region Frick-Laufenburg. Seit kurzem ist die 37-Jährige Mutter eines Buben.

Interview/Text: Bernadette Zaniolo, NEUE FRICKTALER ZEITUNG

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